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Lehrter Bahnhof (Lehrte)

Lehrte, das Bahnhofs-Gebäude von 1844

Lehrte stand mal mitten im Brennpunkt des Weltgeschehens – zumindest als Name in Schriftform. Schließlich hieß die letzte Station im Westen auf der zentralen S-Bahn-Linie des Kalter-Kriegs-Hauptschauplatzes Berlins „Lehrter Bahnhof“. Und nach der Vereinigung wurde weder der Anhalter Bahnhof, noch der Hamburger (der aber auch schon seit 1884 kein Bahnhof mehr war) zum Standort des neuen Hauptstadt-Hauptbahnhofs erkoren, sondern der Lehrter.

Lehrter Bahnhof, Berlin

In den frühen Nuller Jahren sollen die Berliner sogar mehrheitlich dafür gewesen sein sollen, den traditionellen Namen beizubehalten (Wikipedia). Wie damals aus Gründen der Tradition versprochen, ist zumindest auf dem S-Bahn-Steig des Hauptbahnhofs tatsächlich noch der Beiname „Lehrter Bahnhof“ als kleiner Zusatz bewahrt. Allerdings spricht in Berlin kein Mensch mehr vom „Lehrter Bahnhof“. Wo es aber noch einen solchen gibt: in Lehrte.

Wie wichtig der Bahnhof des niedersächsischen Städtchens im Lauf der Eisenbahngeschichte geworden ist, zeigt sich schon daran, dass er nur per Unterführung zu erreichen ist (beziehungsweise zu verlassen, wenn man mit dem Zug kommt): Er ist auf allen Seiten von Bahngleisen umgeben.

Lehrte, Sedanplatz

Nachdem im Königreich Hannover eher etwas zaghaft mit dem Eisenbahnbau begonnen worden war (der Webseite koenigreich-hannover.de zufolge auch, weil der König „Qualm und Dampf der Lokomotiven nicht in seiner Stadt haben wollte“), kreuzten sich in den 1840er Jahren die ersten Strecken nach Celle, Hildesheim sowie ins seinerzeit ja ausländische Braunschweig im hannoverschen Grenzort Lehrte .

Lehrte, Matthäuskirche am Markt

Und wegen der Wichtigkeit dieses Knotenpunkts gab dann er anstelle Hannovers dem Endbahnhof der Bahnstrecke nach Berlin seinen Namen, nachdem die Magdeburg-Halberstädter Eisenbahngesellschaft anno 1867 (als das Königreich Hannover schon passé, also von Preußen annektiert war) die Konzession zum Bau der Bahnlinie erhalten hatte.

Als es mit dem Bahnstreckenbau losging, war Lehrte noch ein „Dorf mit 700 Einwohnern“ gewesen (lehrte.de). Wie schnell dann um den Bahnhof herum eine Boomtown entstanden ist, lässt sich heute noch nachvollziehen: Die spätneogotische Matthäuskirche wurde 1873-76 erbaut. Der Sedanplatz dürfte, seinem Namen zufolge, aus derselben Zeit stammen.

Lehrte, Fußgängerzone (ungefähr wo die alte Zuckerfabrik stand)
Lehrte, Fußgängerzone & Parkhaus (ungefähr wo die alte Zuckerfabrik stand)
Lehrte, "neues Zentrum" (auch Fußgängerzone)

Der Wasserturm, „das von Lehrter Bürgern gewählte Wahrzeichen der Stadt“ (Wikipedia), stammt aus dem Jahr 1912. Das leicht schloss-hafte Rathaus folgte 1923-25. Um noch mal zum Stadtporträt auf lehrte.de zu schalten: „1898 verlieh der Kaiser Lehrte die Stadtrechte“. Und bis heute hat niemand sie zurückgefordert.

Das Kurt-Hirschfeld-Forum, das an den gebürtigen Lehrter Theatermacher erinnert, entstand in den 1970ern und steht in der Nähe der „größten städtebauplanerischen Herausforderung der Stadtgeschichte“ (ebd.): der in den 1880ern errichteten Zuckerfabrik, die ihren Betrieb am Ende des 20. Jahrhunderts einstellte. An ihrer Stelle, gleich neben dem Bahnhof, wurden dann u.a. Ladenflächen für die allerverbreitetsten Filialisten erbaut.

Ich will nicht behaupten, dass ein Besuch in Lehrte unbedingt lohnte, außer vielleicht für Fußgängerzonenhistoriker, die wohl weniger am „Geschäftshaus Zuckerfabrik“, aber doch am offenbar älteren „Neuen Zentrum“ Interesse gewinnen könnten, einer Mischform aus Geschäfts-Bungalows und Wohnungen mit Balkonen. Womöglich lohnt ein Besuch auch an jedem vierten Sonntag im Monat, wenn vormittags das Museumsstellwerk geöffnet hat.

Ansonsten besitzt Lehrte, das zu den eher wenigen deutschen Städten, die offenbar gar keine Touristeninformation haben, jedenfalls den Vorzug intakter Eisenbahnknotenpunkte: Man kommt stets auch schnell wieder weg.

Lehrte, ausgestellte Lokomotive von 1942
Lehrte, Kunst im öffentlichen Raum (Sedanplatz)

4 Kommentare

  1. Oh, Du hast die Villa Nordstern nicht besucht ?!
    Sie ist herrlich. Google mal.

    Außerdem gibt´s beim Nöhrenhof einen ganz herrlichen Garten mit einer 1000jährigen Eiche.

    Hinten am Hohnhorstsee ist ein riesiges Freigelände – da laufen Rehe frei herum (und wenn man nicht aufpasst, laufen sie einem vor´s Auto).

    Dort hat´s auch ein ziemlich cooles Seen-Gelände auf dem der Rodelberch ist. Der Rodelberch ist im Winter bei Schnee der absolute Burner: Perfekte Steigung, perfekte Länge – für Kids, of course.

    Auf dem verwunschenen Seengelände ist bei Krötenwanderungen richtig was los. Da muss dann sogar die Straße abgesperrt werden.

    Mit dem Fahrrad kann man vom Bahnhof aus die stillgelegte Bahnstrecke gen Süden radeln und dann nach Westen abbiegen. Über die Iltener Straße am romantischen Cafe der Kunstvilla vorbei kommt man irgendwann garantiert zum Flakenbruch (Wald) an dessen Südseite die Villa Nordstern liegt. Im Flakenbruch gibt es viele Rehe, Wildvögel, Hasen und andere Waldtiere. Er ist ein beliebtes Erholungsgebiet in dem Mensch und Natur friedlich und respektvoll miteinander sein können.

    Alles in Allem: Lehrte ist nicht der Burner, hat aber seine kleinen charmanten Ecken.

    1. Tatsächlich, diese Villa Nordstern scheint interessant. Ich war nur per Bahn angereist und hab mich nicht sehr weit vom Bahnhof weg bewegt. Danke für die Hinweise, freut mich, dass es auch in Lehrte besser ist …

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