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Türhüter-Burgschloss (Beichlingen)

Wo war einst in Deutschland die Klein- bis Kleinststaaterei – oder positiver formuliert: der Föderalismus – am stärksten ausgeprägt? In Schwaben, in Franken oder in Thüringen? Für all diese Annahmen sprechen Gründe. Für Thüringen spricht, wenn man von Nähe zur Gegenwart ausgeht. Als das Bundesland 2020 sein 100-Jähriges feierte, präsentierte es auf der Internetseite thueringen100.de (und präsentiert weiter) einen „wahren Flickenteppich“ aus „sieben Kleinstaaten“, die „nicht etwa scharf voneinander abgegrenzt, sondern förmlich miteinander verwoben“ waren und sich 1920, nach dem Ende des Feudalismus, zusammengeschlossen hatten. Eine Pointe bestand darin, dass einige Teile des heutigen Bundeslandes – von dem viele Nicht-Thüringer ja auch glauben,

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St. Georgen, Rathaus

Noch nicht abgeschlossene Medienabspielgeräte-Geschichte (St. Georgen)

Ein richtig idyllischer Schwarzwald-Ort war das durch Krieg und Brände oft zerstörte St. Georgen wahrscheinlich niemals gewesen. Schließlich wurden in Baden-Württemberg jahrhundertelang viele Kriege geführt. Ohne tief in die Geschichte einzusteigen: St. Georgen war einst ein Reichskloster gewesen, von dem noch wenige Restgemäuer zu sehen sind; nachdem die protestantischen Württemberger es säkularisiert, heißt: erobert hatten, gab es öfters kriegerischen Streit mit der größeren, katholisch gebliebenen und kaiserlich-österreichischen Nachbarstadt Villingen. Als dann in der Napoleonszeit die kunterbunten Landkarten bereinigt und fast alle Kleinststaaten der Gegend Württemberg bzw. Baden zugeschlagen wurden, ereilte St. Georgen das kuriose Schicksal, von einer württembergischen zu einer badischen Provinzstadt zu

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Triesdorf, Weißes Schloss

Ein Uni-Dorf aus lauter Lustschlösschen (Triesdorf)

„Schloss“ ist kein geschützter Begriff. Im Prinzip kann jeder sein Heim zu einem erklären. Etliche Schlösser in fränkischen oder schwäbischen Dörfern, in denen einst so gut wie souveräne Reichsritter hausten, würden in ehemaligen Residenzstädtchen kaum zu den fünfzig repräsentativsten Bauten zählen. Schon daher, aber auch bei strengerer Auslegung des Begriffs: Es gibt jede Menge Schlösser in Deutschland. Seit dem Ende des Feudalismus, seit dem zum Besitz eines Schlosses nicht mehr der Besitz an leibeigenen Untertanen beziehungsweise an deren Arbeitskraft gehört (was Hofhaltung und Schlossbau einst mitfinanzierte und in kleinen Herrschaften eben nur Schlössles erlaubte), stellt sich die Frage: Was tun mit so vielen Schlössern?

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Wo Deutschland (auch) herkommt: Bad Gandersheim

Das ist ja wie gemacht für Festspiele, könnte man im Herbst, Winter oder Frühling 1) beim Blick auf den großen Platz vorm imposanten zweitürmigen Westriegel der Bad Gandersheimer Stiftskirche denken. Im Sommer, nun noch bis noch bis 21. August, laufen die Gandersheimer Domfestspiele. Um einen Dom im engen, kirchlichen Sinne handelt es sich beim bescheiden monumentalen Kirchenbau nicht, eher um ein Münster. Aber ein geschützter Begriff ist „Dom“ ja auch nicht, dafür schön kompakt. Die Gandersheimer Stiftskirche hat sich ihre kompakte Größe und den Grundriss seit aus dem 12. Jahrhundert bewahrt. Was nicht heißt, dass sie dann erst gebaut wurde. Vielmehr ist sie

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Wo Deutschland mal österreichisch war: Herzogenrath

Zu den hundert spektakulärsten deutschen Mittelstädten dürfte Herzogenrath eher nicht zählen. Der zentrale Ferdinand-Schmetz-Platz am Eingang der kleinen Fußgängerzone zum Beispiel … … falls man etwas Positives über ihn sagen wollen würde: Wahrscheinlich lässt er sich leicht sauber machen. Überquert man das rauschende Flüsschen Wurm in Richtung Westen, wird es etwas interessanter. Zumindest thronen dort über der (von Halden als Folge der abgeschlossenen Steinkohle-/ Bergbau-Vergangenheit abgesehen) flachen Landschaft zwei markante Bauwerke. Die doppeltürmige Kirche ist mal ein gelungener historistischer Bau. Man würde sie für deutlich älter als bloß gut hundert Jahre halten. Umso neuer wirkt das kleine Burgschloss Rode wenige hundert Meter weiter.

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Hauptstädtchen, dessen Fürst einst guillotiniert wurde (Kirn)

In Deutschland sind Revolutionen, zumindest vor 1989, nie so richtig gelungen. Selbst als im November 1918 der Kaiser und eine ganze Handvoll Könige, Großherzöge und weitere Monarchen all ihre Macht verloren, wurden sie allenfalls halb gestürzt. Halb verzichteten sie wegen der Weltkriegs-Niederlage und aus weiteren Gründen von selber drauf. Mit der Folge, dass der demokratischen Weimarer Republik zeit ihres kurzen Bestands fehlte, was man gegenwärtig ein ordentliches Gründungs-Narrativ nennen würde. Im Nachklang der Französischen Revolution, während der Napoleonszeit sind zwar viele der bis dahin irre zahlreichen deutschen Kleinstaaten von den kunterbunten Landkarten hinweggefegt worden – aber selten bis gar nicht aus irgendeinem revolutionären

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Zerbst, pittoresk halbruinierte Kirche St. Nicolai zwischen Plattenbauten

Krasse Kontraste, Katharina die Große & ihr kleiner Bruder (Zerbst)

Dem Bundesland Sachsen-Anhalt wird häufig der schwierige Begriff „abgehängt“ angehängt, etwa weil Magdeburg die einzige deutsche Landeshauptstadt ohne ICE-Anschluss ist. Falls an dem bösen Attribut etwas dran ist, dürfte es besonders den zweiten Namensbestandteil treffen. Schließlich liegen die relativen Metropolen Magdeburg und Halle, mit gutem ICE-Anschluss übrigens, im „sächsischen“ Landesteil (der einer ehemaligen Provinz des sehr ehemaligen Landes Preußen wegen so heißt). Angehängt wurde Anhalt, das über tausend Jahre lang einen inzwischen überregional vergessenen Kleinstaat bildete, bzw. die längste Zeit davon drei bis fünf oder noch mehr (naturgemäß noch kleinere) Kleinstaaten. Anhalts letzte Hauptstadt Dessau beherbergt inzwischen eines der drei zum 100-Jahre-Jubiläum 2020

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Erstaunliche ehemalige Hauptstädtchen: Gaildorf

Gaildorf lädt, wenn man’s ausspricht, zu Wortwitzen ein. Historisch betrachtet gehört die heute gut 12.000 Einwohner zählende Stadt am in der Sonne oft schön braunlich schimmernden Fluss Kocher zu den ehemaligen deutschen Hauptstädtchen mit der komplexesten Herrschaftsgeschichte. Macht man sich vom Bahnhof Gaildorf West auf den (nicht ganz nahen) Weg zur Innenstadt, begegnet einem als erstes historisches Bauwerk das „Brandenburger Tor“ oder, wie man in Baden-Württemberg auch gern sagt: „Törle“. Der von allen Landkarten längst völlig verschwundene Staat Brandenburg/ Preußen hatte, solange es ihn gab, seine Form laufend geändert. Zweimal etwa hatte Ostfriesland dazu gehört, und einmal ganz kurz auch Gaildorf: Anno 1713

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Palast ohne Schloss (Schwedt)

Was immer man von der alten DDR sonst hält: Übel sah ihr Palast der Republik in Ost-Berlin mit seinen bronzierten, im Sonnenlicht schön schimmernden Fensterfronten nicht aus – zumal im Zusammenspiel mit dem genauso gewöhnungsbedürftigen wilheminischen Protz des Berliner Doms und mit dem Barock des Zeughauses aus noch einer anderen Epoche, die ihm gegenüberstanden. Wie auch immer, der „Palast“ ist längst abgerissen; an seiner Stelle wird das ein paar Jahrzehnte lang verschwundene Stadtschloss wieder aufgebaut. Wo ein ähnliches sozialistisch-realistisches Kulturzentrum weiterhin steht: in Schwedt an der Oder.

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Palast der Bauernrepublik? (Oberharmersbach)

Die Reichstalhalle in Oberharmersbach erinnert an den Palast der Republik der alten DDR? Davon weiß man im Schwarzwald nichts, erst mal natürlich mit Recht. Schließlich stand der Palast, der derzeit durch das neu nachgebaute Schloss ersetzt wird, einst mitten in Ost-Berlin. Die Halle dagegen liegt tief im Südwesten nahe des idyllischen Harmersbachs im größten deutschen Mittelgebirge …

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Wo fast der Schah schlief (Berlin-Pankow)

Wer findet, dass Kontraste helfen, etwas kenntlich zu machen (was genau, bleibt ja doch immer im Auge der Betrachter liegen), sollte sich das kleine Schloss in Berlin-Pankow ansehen. So scharfen Kontrasten aus lange nacheinander gefolgten, abgeschlossenen Epochen begegnet man nicht oft auf so engem Raum nebeneinander. Eigentlich heißt das äußerlich unspektakuläre kleine Schloss eher „Schönhausen“ und erklärt somit den Namen der recht bekannten Schönhauser Allee im südlich gelegenenen Stadtbezirks-Stadtteil Prenzlauer Berg. Das Schloss spielte in zwei ziemlich unterschiedlichen Staaten jeweils einmal eine größere Rolle als Residenz, und es wurde im Lauf seiner Geschichte zweimal für Gesprächsrunden genutzt, die sich dann als ziemlich entscheidend erwiesen.

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Berühmteste Hose (Buttenheim)

Buttenheim besteht aus einer Hauptstraße, an deren Rand manchmal Bürgersteige verlaufen, aus Autobahnzubringern, der Autobahn selbst natürlich sowie einigen Sackgassen. Es ist, nur leicht überspitzt formuliert, ein bayerischer Ort im Griff der Autos – die die Bayern freilich mit so viel Leidenschaft fahren, bauen und in alle Welt exportieren, dass sie ihn wohl kaum als Würgegriff empfinden. Wer auf die Idee kommt, in Buttenheim zu verweilen, z.B., weil es sich als „Eingangstor zur fränkischen Schweiz“ bezeichnet, sollte aber selbst ein Auto dabei haben. Die Begriffe „Ab-“ oder „Ausfahrt“ träfen es besser. Der Begriff „Stadt“ wäre für Buttenheim trotz allerhand eingemeindeter Dörfer zu hoch gegriffen.

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Wein, Bier und alte Hexenpolitik (Zeil am Main)

Hexentürme gibt es vielerorts, nur zum Beispiel auch in Prenzlau. Ihr Name erinnert daran, dass einst dort sogenannte Hexen gefangen gehalten wurden, und entfaltet wohligen Grusel mit Fantasy- bzw. Märchen-Anteilen. Schließlich ist diese finstere Epoche der frühen Neuzeit lange vorbei. Im bayerischen Zeil (fast) am Main heißt der erhaltene Torturm ebenfalls Hexenturm. Eigentlich aber hatten sämtliche 23 Türme der Stadtmauer, von denen so einige kleinere erhalten sind, als solche Hexengefängnisse gedient. Denn bis zur Napoleonszeit gehörte Zeil zum Fürstbistum Bamberg. Das Finanzamt schräg gegenüber dem Turm war einst ein Jagdschloss der Bamberger Bischöfe. Deren Herrschaftsgebiet galt als Hochburg der Hexenverfolgung. Und Zeil, als

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Nicht nur Namensgeber eines bekannten Bergs (Prenzlau)

Schroffe Kontraste springen in vielen Städten, die einst in der DDR lagen, ins Auge. Da ist Prenzlau (Brandenburg) nicht allein. Allerdings sind die Kontraste dort schon alt. So zeigt die Broschüre „Stadtbrüche“, dass der riesige Backsteindom aus dem späten 13. Jahrhundert schon lange vor der weitgehenden Zerstörung der Stadt ganz am Ende des Zweiten Weltkriegs von vergleichsweise kleinen Häuschen umgeben war. 1919 gewann Hans Scharoun, der später einer der wichtigsten deutschen Nachkriegsarchitekten werden sollte (z.B. in den 1960ern die West-Berliner Stabi entwarf), einen städtischen Wettbewerb zur Marktplatz-Neugestaltung mit dem Plan, die damalige Umbauung nicht abreißen zu lassen. Zurzeit ist der Dom gar nicht

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