Ellrich ist die nördlichste Stadt Thüringens, die südlichste (oder eine der südlichsten) im Harz und nicht sehr groß. Sein Stadtmuseum liegt außerhalb der noch restweise erhaltenen Stadtmauern, dafür nahe am Bahnhof. Beim schön schiefen Fachwerkhaus aus der Zeit nach dem 30jährigen Krieg handelt es sich um einen Teil eines noch erheblich älteren (Ho-)Spitals, das bis in die DDR-Ära hinein als eine Art Mischung aus Krankenhaus, Armenhaus und Altenheim in Betrieb war. Schon daher sind die kleinen Stuben Zeugen interessanter Vergangenheiten.
Überdies wurden sie allesamt liebevoll eingerichtet: eben als Krankenzimmer mit Inventar wie z.B. Klistierspritzen, als Stadtapotheke (wie sie, zugegeben, in zwei von drei Heimatmuseen zu finden ist) oder auch als nicht un-gruselig gestalteter Themenraum zur Pest. Deren Bekämpfung soll in Ellrich anno 1682 derart erfolgreich gewesen sein, dass sich später sogar London daran orientiert habe, weshalb von dort kürzlich alte Schriftstücke zurück in den Harz gelangt seien, sagte man mir in Ellrich.
Was ferner zum Themenspektrum zählt: der seltene Spital-Grudeofen, die ziemlich irre Territorialgeschichte der sehr ehemaligen Grafschaft Hohnstein, zu der Ellrich einst gehörte (und die im fernen Berlin, als Brandenburg 1648 in ihren Besitz gelangte, für viel kleiner gehalten wurde, als sie war) sowie ein ehemaliges KZ-Außenlager genau dort, wo wenige Jahre später der Sperrbereich der scharfen DDR-Westgrenze errichtet wurde. Das ist natürlich nicht schön, sondern bloß interessant. Jedenfalls kann man auf den schön knarrenden Holzdielen im Flur vor jedem Zimmer gespannt sein, was sich darin wieder wohl befindet – was für Museen ja eine gute Ausgangslage ist. Das Ellricher Stadtmuseum hat von April bis Oktober sonntagnachmittags geöffnet.
Über Ellrich selbst ließe sich, wie über alle Orte, deutlich mehr erzählen. Nur eins noch: Die Stadtkirche hätte gerne ihre in den 1960ern aus Sicherheitsgründen abgebauten Kirchtürme wieder …
Schöne Heimatmuseen?.. „Heimat“ ist ein schwieriger Begriff, unter dem viele etwas anderes verstehen, und den viele wieder wichtig finden (zumindest, um ihn nicht anderen zu überlassen, die anderes drunter verstehen). Jedenfalls: Sich statt international spektakulärer Sonderausstellungen, vor denen vielleicht sogar Schlangen stehen, mal Heimatmuseen anzuschauen, in denen manchmal – aber nur manchmal – erst das Licht eingeschaltet werden muss, wenn Besucher kommen, kann auch interessant sein.