Das Von der Leyen-Gymnasium in der saarländischen 20.000-Einwohner-Stadt Blieskastel trägt seinen klangvollen Namen nicht etwa der amtierenden Bundesverteidigungsministerin wegen,
die zuvor bereits ähnlich wichtige andere Ministerposten bekleidet hatte und von der im Sommer 2016 niemand genau sagen kann, wo ihre Karriere sie noch hinführen wird.
Vielmehr heißt die Schule wegen der Adelsdynastie so, die das damalige Dorf im 18. Jahrhundert, kurz bevor die Französische Revolution den Feudalismus in der gesamten Region erst mal vollständig wegspülte, zu ihrem Haupststädtchen gemacht hatte. Diese Funktion erfüllte es von 1773 bis 1793. Mit „über 150 Baudenkmalen in der barocken Altstadt“ gleich hinter einem alten Portal, das eine Kreisverkehr-Verkehrsinsel in der Bundesstraße 423 ziert, profitiert Blieskastel noch immer von dieser Zeit.
Zur kleinen Reichsherrschaft der von der Leyens gehörte Blieskastel schon länger. Sie hatten den Ort gut 100 Jahre vorher vom Kurfürstentum Trier gekauft (bzw. hatte der damalige Kurfürst und Erzbischof, Karl Kaspar von der Leyen, ihn an seine Familie verkauft). Doch residierten die von der Leyens lange dennoch lieber in Koblenz – vermutlich wegen diverser Jobs, die sie am Trierer Hof (der sich meistens in Koblenz beziehungsweise im heutigen Koblenzer Stadtteil Ehrenbreitstein befand) auch dann hatten, als keiner der ihren als Kurfürst regierte.
Bis Graf Franz Carl Lust bekam, sich ein eigenes Residenzstädtchen zu bauen. Vermutlich, weil der Barock/ Rokoko-Trendsetter Frankreich so nahe lag und es in der Umgebung schon allerhand Residenzorte gab – Saar- und Zweibrücken und Ottweiler zum Beispiel, die heute mit Blieskastel die „Barockstraße SaarPfalz“ bilden -, zogen sie an die Saar bzw. an Blies.
Der Graf, nach dessen Vornamen die heutige sonderpädagogische Schule in Blieskastel benannt ist, starb allerdings, kaum dass er mit dem Residenzstadt-Bauen begonnen hatte, schon 1775. Doch „die von ihm begonnene rege Bautätigkeit wurde glücklicherweise von seiner Gattin weitergeführt“, freuen sich lokale Faltblätter. Seine Witwe Marianne von der Leyen ist heute Blieskastels Local Heroine. Tatsächlich waren in Deutschland ja auch noch im ausgehenden Feudalismus Frauen, die regieren (und bauen lassen) konnten, beinahe so selten wie bis vor kurzem Ministerinnen fürs Militär.
Was in Blieskastel heute fehlt: das einst über dem Städtchen thronende Schloss. Das zerstörte die Revolutionsarmee, die in dieser Gegend, die die Franzosen als Teil Frankreichs betrachteten und eroberten, Paläste ganz besonders gründlich zerstörten und bloß Hütten stehen ließ. Nur noch Burggemäuer sind zu sehen. An Stelle des Schlosses wurde zwischen 1940 und 1953 ein weißer Funktionsbau errichtet, der heute teilweise vom Von der Leyen-Gymnasium (das sich hauptsächlich aber in schöneren älteren, einst vom Hofstaat bewohnten Bauten befindet), teils von anderen Instutionen genutzt wird. Gegenüber stehen Blieskastels spektakulärste Bauwerke, die noch stehen: die „Schlosskirche“ mit frisch restaurierter Portal-Fassade (die eigentlich gar nicht zum Schloss gehörte, aber doch so genannt wird) und die schon an der orangenen Farbe gut zu erkennende Orangerie-Ruine.
Und was aus Marianne wurde: „Durch eine abenteuerliche Flucht entging im Mai 1793 die Gräfin der Gefangennahme durch die Franzosen. Kränklich, aber ungebrochen, verbrachte sie ihre letzten Jahre in bescheidenen Verhältnissen in der Nähe ihrer Familienangehörigen in Frankfurt und Umgebung“ (Neue Deutsche Biographie). Da ihr Bruder, Karl Theodor von Dalberg, im rechtsrheinischen Deutschland der Napoleons-Zeit als „Fürstprimas des Rheinbundes“ eine der einflussreichsten Gestalten war, blieben die von der Leyens dennoch eine Zeitlang selbstständige Kleinststaat-Fürsten. Daher existiert mit Seelbach im Schwarzwald nahe der Ruine Hohengeroldseck noch eine weitere Von der Leyen-Ortschaft.
Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen dagegen heißt nur wegen ihrer Heirat mit einem Mann so, der trotz seines Namens wenig oder nichts mit den Blieskasteler Von der Leyens zu tun hat. Sie selbst kommt bekanntlich aus einer völlig anderen Ecke, sie ist die Tochter Ernst Albrechts, des ehemaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten (nicht etwa des Hannoveraner Welfenprinzen, denn die heißen alle Ernst August …).
Immerhin scheint es, den Fotos nach zu urteilen, sehr sehr sonnig in diesem Blieskastell zu sein.
Im selben Jahr wurden fur das Unternehmen von der Leyen uber 700 Webstuhle betrieben, wobei ein Arbeitstag von 12 bis 18 Stunden die Regel war. Krefelder Burgern als Geisel genommen um der Stadt die Zahlung einer Kriegsauflage von insgesamt 300.
Danke, wirklich guter Hinweis. Es scheint aber, als hätten diese Seiden-Industriellen aus Krefeld trotz der frappierenden, adelig klingenden Gleichnamigkeit mit den Grafen/ Fürsten aus Süddeutschland nichts zu tun (vgl. Wikipedia).