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Zwischen Straßenstern und Hirschtor (Neustrelitz)

Ein gemeinsamer Nenner von Bewohnern Deutschlands vieler Epochen, die Gegenwart inklusive, ist die Italien-Sehnsucht. Schon seit Jahrhunderten zogen oder fuhren viele, so oder so, in den sonnigen Süden, in dem die Zitronen blühen. Wenn sie Fürsten mit umfassender Befehlsgewalt, aber immobilem Besitz waren, ließen sie sich manchmal sogar Residenzstädtchen errichten, deren Stadtgrundriss „einer italienischen Idealstadt nachempfunden“ war. Und was könnte so etwas besser anzeigen als ein Kirchturm „im Stil eines toskanischen Campanile“ (stadtkirche-neustrelitz.de)? Daher erfreut das mecklenburgische Neustrelitz, das im 18. und 19. Jahrhundert als Residenzstadt mit einer Menge Antiken- und Fürstendenkmälern sowie Prinzessinnenpalästen aus dem Nichts (nahe beim alten Strelitz, das heute als

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Einst Residenz, jetzt Dorf-Durchfahrtsstraße (Calenberg)

Wer sich etwas mit dem Kurfürstentum und Königreich Hannover beschäftigt, zu dessen globalem Fame gehört, dass seine Herrscher 123 Jahre lang, bis zum Viktorianischen Zeitalter, auch englische Könige waren und Großbritannien solange zumindest nicht daran gehindert hatten, zur ersten Weltmacht aufzusteigen, der stößt auf Calenberg. Das Fürstentum Calenberg wird oft als „Kernland“ des Territoriums bezeichnet, das anschließend zum Kurfürstentum und Königreich Hannover wurde. Und es war ebenfalls nach seinem Haupt- und Residenzort benannt worden. Wer dieses Calenberg dann also anschauen möchte und mit der Bahn anreist, muss auf der S-Bahn-Strecke zwischen Hannover und Hildesheim in Barnten aussteigen. Es könnte sein, dass dort am

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Die Sektstadt und der Schrat (Freyburg)

Der Autoverkehr in Freyburg (Sachsen-Anhalt) besitzt rassig-spritzigen Charakter. An der Kreuzung der Schloßstraße und der Brückenstraße über die Unstrut kann es zumindest an schönen Tagen vorkommen, dass Touristen, die z.B. gerne Thüringer Bratwürste verzehrend gemütlich durch die hübschen Gassen schlendern, und einheimische Autofahrer, die in den Straßen ihrer Stadt halt gerne durchziehen, aneinander geraten. Touristen sind eine Menge unterwegs, und manche haben schon etwas Wein genossen. Eigentlich wird rassig-spritziger Charakter eher dem Wein und Sekt der Stadt und des Saale-Unstrut-Gebiets zugeschrieben. Kellereien, darunter eine der bekanntesten deutschen überhaupt, unterbreiten allerhand Angebote für Reisen ins „nördlichste europäische Anbaugebiet von Qualitätsweinen“, dessen Weine „jung getrunken

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Spannungsverhältnisse (Ahrensburg)

In Ahrensburg sprang mir zunächst vor allem die erstaunliche Vielfalt von ähnlich grünen wie langen Wohnstraßen, auf denen außer moderatem Autoverkehr wenig los ist, ins Auge. Der nominell schleswig-holsteinische Ort zählt eben zum sog. Speckgürtel der Großstadt Hamburg, mit der er fast schon zusammengewachsen ist. Umso schöner, wenn einem dann ein weißes Wasserschloss begegnet.

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Hochsicherheits-Schloss (Diez)

Der Gratis-Stadtplan der rheinland-pfälzischen Stadt Diez hält eine Überraschung bereit, zumindest für Besucher, die schon das schön überm Ort thronende Grafenschloss gesehen haben und durch den Plan auf die Idee kommen, sie könnten auf dem Weg durch den sogar noch etwas höher gelegenen Stadtwald und die Lindenallee (Google Maps bietet die gleiche Überraschung…) gleich auch noch das zweite Schloss, Oranienstein, anschauen. Dabei liefe, wer diesem Weg unbedingt folgen wollen würde, sogar Gefahr, erschossen zu werden.

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Wo die Ilse rauscht (vom Brocken nach Ilsenburg)

Der schönste Weg in eine Stadt führt nicht von der Autobahn durch Gewerbegebiets-Kreisverkehre, und auch nur selten vom Bahnhof her, sondern durch Natur. Am besten steigt man von einem Berg herab – so wie Heinrich Heine in der „Harzreise“ seinen Weg nach Ilsenburg beschrieben hat. Auf dem Brocken ist der Heinrich-Heine-Weg ausführlich ausgeschildert, und das ist auch gut so, da auf diesem höchsten norddeutschen Berg der offiziellen Nationalparks-Broschüre zufolge 306 Nebeltage im Jahr herrschen. Das heißt zwar nicht, dass es an allen diesen Tagen rund um die Uhr nebelig ist. Doch während sich bei meinem Aufstieg zwar noch die Skisprungschanze auf dem Wurmberg

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Someone Elser (Königsbronn)

Der Bahnsteig des Haltepunkts in der baden-württembergischen Gemeinde Königsbronn hat eine Gemeinsamkeit mit der Wilhelmstraße in Berlin-Mitte: Dort steht ein jeweils eindrucksvolles Denkmal für den zweitbekanntesten deutschen Hitler-Attentäter, Georg Elser. Beide Denkmäler sind noch recht frisch: Das Berliner „Denkzeichen“ des Künstlers Ulrich Klages ragt etwa dort empor, wo einst Hitlers Reichskanzlei und der Führerbunker standen, und wurde Ende 2011 eingeweiht. Ungeheuer viel ist darüber nicht berichtet worden, weshalb es zwischen dem Initiator, dem so streitbaren wie verdienten Dramatiker Rolf Hochhuth, und der Nachrichtenagentur DPA eine etwas obskure Streitigkeit gab („Tagesspiegel“ 2012). Das Königsbronner Denkmal des Künstlers Friedrich Frankowitsch wurde 2010 eingeweiht. Allerdings gibt

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Sie hießen alle immer Heinrich (Greiz)

Städte mit Schlössern gibt es in Deutschland mindestens so viele wie Städte mit Fußgängerzonen. 22.000-Einwohner-Städte mit insgesamt drei Schlössern gibt es nicht so viele. Greiz (Thüringen) ist eine davon. Leider wurde eine der schlossartigen Anlagen dort gerade ziemlich in Mitleidenschaft gezogen: Der Greizer Park um das Sommerpalais war für meinen Geschmack einer der schönsten Englischen Gärten im an Schlossparks auch alles anderen als armen Deutschland. Ich sah ihn mir im Mai bei auch schon eher schlechtem Wetter (Foto oben) an. Im Juni führte das Hochwasser der Weißen Elster dann zu „Schäden apokalyptischen Ausmaßes“ (Ostthüringer Zeitung). Eine Bildergalerie auf der Spendenaufruf-Seite (rechte Randspalte) von

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Ältere Herren auf Kanonenkugeln (Bodenwerder)

Kanonenkugeln werden in Bodenwerder so einige beritten. Schließlich möchte das niedersächsische Weserstädtchen Touristen mit Hilfe des als Lügenbaron global bekannten Karl Friedrich Hieronymus von Münchhausen anziehen – und tut es auch. Das Münchhausen-Museum hat, obwohl nur von März bis Oktober geöffnet, nach eigenen Angaben gut 20.000 Besucher im Jahr. Es liegt am Rande der ursprünglichen Innenstadt, die sich sehr genau verorten lässt, weil Bodenwerder noch bis vor wenigen Jahrzehnten eine Insel war. Zur Landstadt wurde es erst um 1950, wohl weniger als bewusste Entscheidung (obwohl Hochwasser zuvor für erhebliche Probleme sorgte, so wie andererseits die Insellage Schutz vor Angriffen bot), sondern im Zusammenhang

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Otto knuddelt (Magdeburg)

Noch eine nicht im engeren Sinne schöne Stadt mit M, die statt mit einem hübsch restaurierten Marktplatz eher durch schroffes Nebeneinander von Architekturstilen fasziniert: Magdeburg. Anders als Marl ist es allerdings Bundeslands-Hauptstadt und hat schon auf die ersten Blicke viel zu bieten. Zum Beispiel grob geschätzt so viele hochmittelalterliche Sakralbauten mit jeweils zwei Türmen wie Nach-Wende-Shoppinghöllen -center. Außerdem eine Menge sozialistischen Realismus (und zwar sowohl klassizistische „Stalingotik“ als auch pure Platte), preußische Festungs- und Exerzierplatzarchitektur und ein besonders aufdringliches -fälliges Hundertwasser-Haus mitten in der Stadt. Überdies stehen zwischen sehr breiten Autostraßen diverse Zeugnisse der Gotik und der Romanik aus viel früheren Jahrhunderten. Diese

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