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Tiergartentunnel? Zuckerberg? Blankenheim (Eifel)!

Blankenheim, gestaffelt (Burg-Schloss über Kirche überm Ort)Tiergarten? Klar, das ist der große, grüne und im Prinzip schöne Park mitten in Berlin. Inzwischen allerdings ist es auch ein Kriminalitätsschwerpunkt. Weil es hier im Blog oft um Schlösser geht, muss der dort begangene Mord an der Kastellanin des Berliner Schlosses Glienicke erwähnt werden – als krasses Beispiel für etwas, was in Deutschland derzeit sehr falsch läuft. Doch das ist eine andere Geschichte oder: die Gegenwart (um die es hier im Blog ja weniger geht).

Blankenheim, Tiergartentunnel-Zulauf
Tiergartentunnel (nicht für Autos)

Jedenfalls, der Berliner Tiergartentunnel ist ein rund um die Jahrtausendwende errichteter Komplex von Straßenbauten. Viele Berliner kennen ihn vom Durchfahren, die anderen allenfalls als Unfallort oder Stauanlass aus dennoch gehörten oder gelesenen Meldungen. Um den Autoverkehr aus dem Park herauszuhalten, ist der Tunnel praktisch.

In der Wikipedia erfährt man mehr – stößt aber zunächtst auf eine Begriffsklärung und bekommt die Möglichkeit, auch in die Eifel zu klicken: Beim Tiergartentunnel in der über 500 Kilometer entfernten nordrhein-westfälischen Gemeinde Blankenheim handelt es sich um ein „in Europa einmaliges technikgeschichtliches Denkmal“ oder „ein Technikwunder des Mittelalters“ (tiergartentunnel.de). Auf dieser Webseite heißt es dann weiter:

„1997/98 entpuppte sich ein bis dato sowohl von der Denkmalpflege als auch von der Bodendenkmalpflege undefiniertes Bauwerk im Hintergelände der Burg Blankenheim/Eifel überraschender Weise als großvolumiges Wasserreservoir“,

Ein dort gefundenes Holzrohr konnte dendrochronologisch ins Jahr 1468 datiert und als ältester Teil der ehemaligen Wasserleitung erkannt werden. Zum daher in diesem Jahr begangenen 550-Jahre-Jubiläum gab es in Blankenheim eine Ausstellung. Die endete zwar gerade, doch das ist nicht schlimm: Die Geschichte ist sowohl im Internet als auch rund um die Fundstellen gut dokumentiert.

Vor allem gibt es einen Wanderweg, der gleich am Blankenheimer Bahnhof beginnt. Dieser Bahnhof befindet sich zwar ein ganzes Stück von Blankenheim entfernt, aber dafür eben gleich an den Wanderwegen in der Eifel. Wer ihm folgt, erkennt das komplexe Systems, das im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit dazu diente, Burg Blankenheim und die dort ansässigen Grafen trotz Höhenunterschieden mit frischem Quellwasser zu versorgen. Und weil dazu der Berg untertunnelt wurde, auf dem sich oben der Park und der Tiergarten der Grafen befand, heißt das Ganze ebenfalls Tiergartentunnel.

Blankenheim, StadttorDie Blankenheimer Burg liegt pittoresk über der Kirche und dem kleinen Ort. Zwar handelt sich um es weitgehend um einen von der „Deutschen Turnerschaft“ errichteten Neubau des 20. Jahrhunderts, der seit über 80 Jahren als Jugendherberge dient. Vergleichsweise authentisch sieht er dennoch aus. Die ursprüngliche, später zum Schloss umgebaute Burg hatten die Grafen der kleinen und armen Grafschaft Blankenheim bzw. Manderscheid-Blankenheim bis zur französischen Revolution bewohnt, beziehungsweise bis sie (die selbst natürlich weniger arm als ihre Untertanen waren) mit aller beweglichen Habe flohen. Aus dieser Zeit begegnet man auf dem Wanderweg noch „österreichischen Schanzen“, die zwar nach völlig normalen Hügeln aussehen, doch im gerade untergehenden Feudalismus von den Untertanen noch in Fronarbeit errichtet werden mussten. Schließlich war das nahe gelegene heutige Belgien zu dieser Zeit österreichisch, also als österreichische Niederlande direkt dem Kaiser unterstellt. Umkämpft wurden die frisch erreichteten Schanzen allerdings nicht mehr. Die kaiserlichen Soldaten flohen auch eher vor den Revolutionsarmeen, als dass es dazu kam. Das Blankenheimer Schloss wurde wie die meisten Schlösser links des Rheins ruin-iert und zur Zeit der französischen Annexion auf Abbruch verkauft.

Blankenheim, von französischen Revolutionären zerstörtes Gräfin-Gemälde im MuseumZu den weiteren Sehenswürdigkeiten Blankenheims zählt eine Römervilla, die für meinen Geschmack dafür, dass vor allem Nachbauten in trendgemäßem Rostbraun zu sehen sind, aber kaum alte Überreste, etwas überpompös beschildert ist. Echt römische Fundstücke von dort sind hnigegen im Museum „Gildehaus“ zu sehen, das außerdem zeigt, wie später in der Zeit des Heiligen Römischen Reichs die Blankemheimer Grafen in der Reichsstadt Köln mit Römer-Fundstücken aus ihrem Fürstentümchen renommierten. Zu weiteren eindrucksvollen Objekte gehört ein Gräfin-Gemälde, das französische Revolutionären interessant zerstörten.

Außerdem entspringt im Ortskern die Ahr, und am Aufstieg zu Kirche und Schloss steht das „Schmalste Haus“:

„Das schmalste Haus Blankenheims liegt gemeinsam mit weiteren sehr alten Fachwerkhäusern auf dem Zuckerberg. Mit einer Breite von 2,01 m und vielen schönen Schnitzereien an der Fassade gehört es zu den schmalsten Fachwerkhäusern Deutschlands.“

Zuckerberg? Da denken Digital-Aficionados so wie kritische Onlinejournalisten natürlich an den Chef des erfolgreichen sogenannten sozialen Netzwerks, das viel weniger umstritten ist als es seiner fiesen Daten-Politik wegen sein müsste. Mark Zuckerbergs „great grandparents“ waren ja tatsächlich „from Germany, Austria and Poland“ in die USA ausgewandert. Und viele jüdische Namen zwischen Feuchtwanger und Oppenheimer hängen wortgeschichtlich mit Orten zusammen, in denen die Familien einst gelebt hatten (oder: aus denen sie bei frühen Pogromen vertrieben worden waren). Freilich war der Blankenheimer Zuckerberg niemals ein Ort gewesen, bloß eine kleine Straße ist er, und von einem Mark-Zuckerberg-Blankenheim-Zusammenhang ist einstweilen nichts bekannt. Einen Besuch wert ist Blankenheim durchaus – und mobiles Internet funktioniert dort in der Eifel ganz gut.

Blankenheim, Zuckerberg
Der Blankenheimer Zuckerberg

 

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