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Mosaiksteinchen (2): Minden und sein Bahnhof

Schöne Bahnhöfe gibt es nicht mehr sehr viele. Schon weil die Deutsche Bahn ihre Bahnhöfe zu Shoppingcentern umzumodeln pflegt und die, die sich dazu (bzw. für entsprechende Profitvorstellungen) nicht eignen, verkauft bzw. zum Verkauf gestellt hat. Manche verfallen dann abgesperrt vor sich hin.

Bahnhof Minden mit Wittekindsberg (Porta Westfalica) im Hintergrund

Anders verhält sich das in Minden (Nodrhein-Westfalen). Der nicht ungemein große Bahnhof ist weiterhin als solcher in Betrieb. Innen bestehen bescheidene, für Reisende aber sinnvolle Einkaufsmöglichkeiten. Sogar Schließfächer, die es dummerweise auch immer seltener gibt, sind vorhanden. Draußen schmücken den Bahnhof an allen Seiten hübsche neogotische Ziergiebel. Der Bau scheint seit dem mittleren 19. Jahrhundert ziemlich unverändert. In der näheren Umgebung ist Platz, der unter anderem natürlich für Parkplätze genutzt wird, aber auch für großzügiges Grün, damit bei Starkregen nicht alles überschwemmt.

Der (inzwischen ehemalige) Lokschuppen soll anno 1847 errichtet worden sein

Außerdem dokumentieren einige Sehenswürdigkeiten die geschichtliche Bedeutung des Bahnhofs. Ein Lokschuppen stammt laut dran befestigter Texttafel aus dem Jahr 1847 – als die wohl älteste lange Eisenbahnstrecke, die noch immer als Hauptverkehrsachse fungiert, den Betrieb aufnahm. Das war die Köln-Mindener Eisenbahn, die den damaligen Westteil Preußens (das auf dem Wiener Kongress 1815 in etwas absurde Grenzen versetzt wurde) durchquerte. Hinter Minden begann, aus Westen von Köln aus gesehen, das Ausland, das im Zweifel als feindlich betrachtet wurde. Vielleicht nicht gerade der Kleinststaat Schaumburg-Lippe mit seinem Hauptstädtchen Bückeburg, aber das mittelgroße Königreich Hannover mit der gleichnamigen Hauptstadt. Deshalb befanden sich rund um Mindens Bahnhof in die entsprechenden Richtungen kleine, durchaus schmucke Forts. Was nicht heißt, dass die Bahnverbindung dort endete. Schon in den 1840ern ging es Richtung Hannover weiter (und von dort via Lehrte dann im östlichen Teil Preußens nach Berlin. Was genau die Verbindung ist, auf der man noch heute von Berlin nach Köln fährt).

Ehemaliges preußisches Fort A am Bahnhof Minden
Auch schön grün: das einstige preußische Fort A

Durch die Forts wurde der Bahnhof in die preußische Festung einbezogen, die die Stadt Minden auf der anderen Seite der Weser sowieso bildete. Vielleicht muten solche Forts heutzutage leicht martialisch an. In preußischen Festungsstädten zu leben, war gewiss kein uneingeschränkter Spaß. Allerdings sind Forts und Festungen naturgemäß defensiver Natur. Und in Kriege wurde Mindens 19.-Jahrhundert-Festung nie verwickelt. Daher stehen viele Bauten, darunter eben der Bahnhof und die kleinen Forts davor, noch immer und werden weiter genutzt. Die Bausubstanz preußischer Bauten erweist ja oft als haltbarer als die späterer Zeiten. (Und ob die Deutsche Bahn nicht immer noch Gleise und Weichen der Köln-Mindener Eisenbahn verschleißt, könnte man sich auch fragen …).

Blick auf die Weser, Minden (rechts) und den Wittekindsberg (links)
Rechts der Weser: Minden; ganz links: das Kaiser-Tempelchen auf dem Wittekindsberg …

Weil das Bahnhofsviertel einen Brückenkopf im Wortsinn auf der anderen Fluss-Seite bildete, kann man in etwa einer Viertelstunde – zum Beispiel wenn sich der Intercity um anderthalb Stunden verspätet – auch noch kurz die Weser überqueren. Beim Blick nach Westen zeigt sich sofort das weithin sichtbare kleine Kaiser-Wilhelm-Tempelchen auf dem Wittekindsberg. Und man erkennt, warum die Berge westlich Mindens (und inzwischen die dort liegenden Dörfer als Stadt) den Namen Porta Westfalica tragen.

Falls die Züge sich noch mehr verspäten oder die Strecke zwischen Amsterdam und Berlin gerade gar nicht befahrbar ist: Minden selbst ist eher noch sehenswerter als sein Bahnhofsviertel.

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