Das Zirndorfer Museum ist gar kein Heimat-, sondern ein Stadtmuseum. Schließlich hat Prinzregent Luitpold die inzwischen 25.000 Einwohner zählende Ortschaft bei Fürth 1911 zur Stadt erhoben. Und es erzählt auch gar nicht die ganze Geschichte des ehemaligen Dorfes, obwohl zum Beispiel die 1674 von den Markgrafen von Brandenburg-Ansbach begründete und weiterhin brauende Brauerei und die elf Jahre später quasi nebenan errichtete, bis zur Pogromnach 1938 genutzte Synagoge durchaus Interesse erwecken würden. Das Museum konzentriert sich auf zwei relativ superlativische Aspekte.
Zum einen fand bei Zirndorf die Schlacht an der Alten Veste statt, in der im Dreißigjährigen Krieg die protestantisch-schwedische Armee des Königs Gustav Adolf 1632 erstmals auf den reaktivierten Wallenstein als Befehlshaber der katholisch-kaiserlichen Armee traf. Interessanter als die Schlacht selbst, die sozusagen unentschieden ausging und sich schon daher nicht sehr spektakulär nacherzählen lässt, war, was ihr vorausging: „eines der größten Lager der Militärgeschichte“. Gut zwei Monate lang hatten an die 80.000 Menschen in einem über 16 Kilometer hinweg befestigten Lager gehaust, um das nahe Nürnberg zu belagern. Vom Aussichtsturm an der Alten Veste – der 1980 zum zweiten Mal wieder aufgebaut wurde – sieht man gut, wie nahe Nürnberg liegt, das ja beinahe in Fürth übergeht, dem Zirndorf nahe liegt. Insofern könnten Bahnreisende den Zug von Fürth aus an der Station Alte Veste verlassen und dann zu Fuß hinab in den Ort gehen.
Wie rund 50.000 Soldaten und der sie begleitende Tross rund hundert Ochsen und 50.000 Liter Bier am Tag verbrauchten, weshalb dann die unter den „Donnerbalken“ befindlichen Lagerlatrinen überfüllt waren, Ratten und Fliegen anzogen und Durchfallerkrankungen wie die Rote Ruhr sich ausbreiteten, lässt sich ganz gut erzählen …
Zirndorfs andere größere Besonderheit besteht weniger darin, dass im Dorf in der Mitte des 19. Jahrhunderts Industrie entstand und sich schnell entwickelte. Das verhielt sich in vielen umliegenden Städten ähnlich und geschah meist in prekärer Heimarbeit. Die Zirndorfer konzentrierten sich vor allem auf Spielzeug. Es begann mit Hammerschlottern und Blechrasseln, denen weiteres Blechspielzeug folgte. Der Brummkreisel soll kurz vor dem Ersten Weltkrieg als Innovation des Schnurkreisels in Zirndorf erfunden worden sein.
Die eigentliche Besonderheit besteht jedoch darin, dass diese Spielzeugindustrie – anders als viele andere Industrien – teilweise einen globalen Trend zum richtigen Zeitpunkt erkannt hat: den vom weg Metall, hin zum Kunststoff. Mitte der 1970er Jahre wurde in Zirndorf ein, äh, Systemspielzeug erfunden, das noch immer viele Kinderzimmer füllt und das das menschengroße Playmobil-Männchen vorm Museum schön verkörpert. Insofern hat das Zirndorfer Heimatmuseum auch Familien mit Kindern einiges zu bieten. Deren Anreiseweg dürfte eher als zu Fuß über die Alte Veste über den „Fun Park“ an einem anderen Ortsrand führen.
Als ich im Februar im Museum war, bot es außerdem eine Corona-halber nun bis in den Januar 2021 verlängerte, ähnlich einfache wie verblüffend interessante Sonderausstellung: „Wer kennt das noch? Verschwundene Dinge des Alltags“ heißt sie und enthält Objekte wie Schreibmaschinen, Cassettenrecorder oder schwebende Trockenhauben – Dinge, die eigentlich ja jedes Stadt- und Heimatmuseum reichlich im eigenen Bestand hat, und die, sinnvoll zusammengestellt, überdurchschnittlich großes Interesse erregen können. Wie schnell sich neue Trends entwickeln und Industrieprodukte, die eben noch konkurrenzlos erfolgreich waren, veralten, wird außerdem deutlich.
Zu Zirndorfs Industrie gehört übrigens auch einer der letzten weiterhin aktiven von einst sehr vielen deutschen Fernsehgeräte-Herstellern (inzwischen in chinesischem Besitz). Aber das wäre eine bzw. wären weitere, völlig andere Geschichten.