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Ein Sarg auf dem Marktplatz (Gransee)

Gransee, Schinkels Königin-Luise-Sarg-Kunstwerk

Einem Sarg auf dem Marktplatz begegnet man, auch in Denkmalsform, nicht alle Tage. Aber in Gransee (Brandenburg).

Es handelt sich um ein ansehnliches und sehenswertes Kunstwerk, das anno 1810 von Karl Friedrich Schinkel, der aus dem nahen Neuruppin stammte und damals gerade erst berühmt zu werden begann, im noch jungen Stil der Neogotik entworfen wurde. Hergestellt wurde es in der ebenfalls recht neuen Produktionsweise des Eisenkunstgusses. Bloß um ein Gute-Laune-Kunstwerk handelt es sich naürlich nicht.

Inhaltlich steckt wieder eine dieser Königin-Luise-Geschichten dahinter. Der Sarg stellt den der Preußen-Königin dar, die zu Lebzeiten bemerkenswert gewandt im Umgang mit den zeitgenössischen Medien gewesen war und nach ihrem frühen Tod das ganze lange 19. Jahrhundert über als eine zentrale Ikone des preußisch-deutschen Geschichtsverständnisses funktioniert hatte.

Gransee, Stadtmauer und Pulverturm

Gransee nördlich Berlins war im 19. Jahrhundert das nördlichste Städtchen Brandenburgs im engeren Sinne gewesen. Zwar befanden sich weiter nördlich, an der Ostsee weitere preußische Städte. Doch die nächstnördliche Ortschaft Fürstenberg lag bereits in Mecklenburg – genau genommen in dem kleinen Großfürstenstum Mecklenburg-Strelitz, dem die Luise entstammte und in dem sie auch, an Lungenentündung,  starb (siehe Text über Neustrelitz). Falls jemand es noch komplizierter mögen sollte: Inzwischen ist auch Fürstenberg brandenburgisch und erst der nächstnördlichste Ort Neustrelitz mecklenburgisch. Das hat mit einer frühen Verwaltungseinheiten-Umstrukturierung in der DDR zu tun und ist nicht so wichtig.

Gransee, Erläuterungen zu Schinkels Königin-Luise-Sarg-Kunstwerk
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Jedenfalls sollte Königin Luise natürlich in Berlin begraben werden – bzw. in Charlottenburg, das bis 1920 noch nicht zu Berlin gehörte. Auf dem Weg machte ihr Sarg im Juli 1810 auf dem Marktplatz von Gransee Station, und die Bürger betrauerten sie. Bereits vier Tage später beantragten sie beim König die Erlaubnis, zur Erinnerung an das denkwürdige Ereignis ein Denkmal errichten zu dürfen. Friedrich Wilhelm III. stimmte zu, die Bürger sammelten 2.000 Taler an Spenden und in der Berliner Eisengießerei wurde der eiserne Sarg gegossen. All das geschah 1810/ 11 noch während der preußischen Staatskrise und vor den Befreiungskriegen gegen die napoleonischen Besatzer – und bevor Schinkels gusseiserne Neogotik zum Beispiel auf dem Berliner Kreuz-Berg populär wurde. Daher blieben die Granseer stolz darauf. Und der Sarg steht seit mehr als zwei Jahrhunderten auf dem Marktplatz.

Gransee, St.- Marien-Kirche

Was man sonst noch wissen über die Stadt wollen könnte: Gransee besitzt eine gut erhaltene Altstadt. Um den gut erkennbaren Schachbrettmuster-Stadtkern ist viel von der alten Stadtmauer erhalten.

Ferner gibt’s eine große Kirche und gleich zwei Stadtmuseen. Das eine ist ein klassisches Alles-Mögliche-Heimatmuseum, dessen Charme darauf beruht, dass Objekte aller Art, vom slawischen Einbaum irgendwann aus dem ersten Jahrtausend nach Christus über ein im April 1867 gebackenes Brötchen bis zur Sackausstäubemaschine darin zu sehen sind. Ein Luisenzimmer, das einen Eindruck vom sehr ehemaligen Königin-Luise-Kult vermittelt, gibt’s dort überdies.

Gransee, ehemaliges Kloster

Das andere ist das bis zur Reformation betriebene Franziskanerkloster im großen Backsteinbau an der Stadtmauer und enthält eine deutlich modernere Ausstellung vor allem zur mittelalterlichen Geschichte.

Und weil ein paar Nachbarorte ja schon genannt wurden: Der nächste Ort in östliche Richtung heißt Zehdenick und hat unter dem Künstlernamen Hardrockhausen vor ein paar Jahren in völlig anderen Zusammenhängen, durch Moritz von Uslar, in Buch- und Filmform überregionale Bekanntheit erlangt.

Gransee, noch mal das Sarg-Kunstwerk (Detail)

Ein Kommentar

  1. Im Grunde genommen stellt Schinkel in seinem Werk nur die historische Situation aus dem Jahre 1810 nach, eine eher simple Idee.

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